Technologietransfer von der Grundlagenforschung in die medizinische Diagnostik
Der Zukunftscluster nanodiag BW entwickelt technische Lösungen für die molekulare Diagnostik mit Nanoporen. Dazu bündelt der Cluster Forschungsergebnisse aus verschiedenen Disziplinen, die kurz vor der Anwendung stehen. Auf Grundlage der Nanoporentechnologie werden innovative Produkte und Dienstleistungen für die molekulare Analytik epigenetischer Faktoren geschaffen. Gegenwärtiger Anwendungsschwerpunkt sind Diagnostik und Therapie von Tumorerkrankungen. Aber auch für viele andere, wie z.B. neurodegerative Erkrankungen, wie Alzheimer und Parkinson sind epigenetische Faktoren von großer Bedeutung.
Epigenetik - ein vielversprechendes Forschungsfeld
Die Hightech-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) benennt die Gesundheit als eine der großen globalen gesellschaftlichen Herausforderungen. Neueste Erkenntnisse belegen, dass bei der Entstehung von häufigen Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-, neurodegenerativen aber auch Infektionskrankheiten epigenetische Faktoren eine große Rolle spielen.
Der Begriff Epigenetik bezeichnet Veränderungen der Genfunktion durch biochemische Markierungen, ohne dass die zugrunde liegende DNA-Sequenz verändert wird. Dabei können zum Beispiel Methylreste (CH3-) an bestimmte Basen der DNA angehängt werden. Das kann sich auf die Ablesegeschwindigkeit und -häufigkeit auswirken und somit auf die Aktivität der Gene. Wichtige Zellfunktionen wie die Zellteilungsrate werden dadurch gesteuert.
Auf die Verpackung kommt es an
Histonproteine sorgen dafür, dass die DNA gut verpackt ist. Die DNA ist dabei um Histonproteine gewickelt. Um die DNA ablesen zu können, muss diese zuerst “entpackt” werden. Wann das geschieht, wird über biochemische Markierungen der Histonproteine gesteuert. Diese sogenannten „posttranslationalen Modifikationen“ sind an der Steuerung der Genaktivität beteiligt. Damit gehört auch die chemische Modifikation der Histonproteine, zum Beispiel durch Methylierung der Aminosäure Lysin, zu den epigenetisch wirksamen Signalen.
Ein bahnbrechendes Analyseverfahren
Für den Nachweis der posttranslationalen Modifikation von Histonproteinen verwendet man bisher neben den aufwändig zu entwickelnden Immunoassays die Massenspektrometrie von kurzkettigen Peptiden die durch enzymatischen Verdau der Histonproteine enstehen. Diese Methode ist allerdings teuer und ebenfalls aufwändig. Mit miniaturisierten Analysesystemen auf Basis von Nanoporentechnologie lassen sich diese Histonmodifikationen einfach, schnell und zuverlässig bestimmen. So sind ohne weitere sogar massegleiche Peptide (Positionsisomere) unterscheidbar, also zum Beispiel zwei einfach-methylierte Fragmente eines Histonproteins, die sich nur in der Position der Methylierung unterscheiden. Dies gelingt mit der Massenspektrometrie nur mit einem besonders aufwändigen Verfahren, bei dem die Peptidfragmente ein zweites Mal zerlegt werden (Tandem-MS). Zudem besteht hier die Gefahr des Verlustes der Modifikation.
Die Miniaturisierung und Vereinfachung der Analysemethode bietet auch die Möglichkeit, integrierte Systeme zu entwickeln, in denen die Probenvorbereitung enthalten ist. Hierzu arbeiten wir an der Automatsierung von Anreicherungs- und Vortrennungsmethoden wie Immunocapture und Nano-LC und deren Optimierung für die Nanoporenanalytik.
Das Ziel: Bessere Medizin für alle
Der Zukunftscluster nanodiag BW verfolgt die Vision, auf der Basis der Nanoporentechnologie miniaturisierte Analysegeräte zu realisieren und die dazugehörigen Verfahren zu entwickeln. Daraus sollen neuartige Diagnostik-Produkte, innovative Dienstleistungen und Ausgründungen mit hohem Wachstumspotenzial entstehen. Das Aufspüren epigenetischer Marker soll zur neuen Routine in der Diagnostik werden. Vorsorge, Therapie und Nachsorge häufiger und schwerer Erkrankungen lassen sich so signifikant verbessern.
Das nanodiag BW Transferlabor
Im Sinne einer offenen Innovationskultur baut nanodiag BW ein Transferlabor auf. Es soll dazu dienen, Nanoporentechnologien aus der Grundlagenforschung zu bündeln und im Rahmen der Erprobung für konkrete Aufgaben den Transfer in die Anwendung vorzubereiten. Das beinhaltet sowohl Forschungsmethoden und Analysetechniken sowie Verfahren zur Herstellung von Komponenten.